Frage 1)
Die Absicht für eine Bebauung des Butterbergs ist rund 30 Jahre alt. In den vergangenen drei Jahrzehnten haben sich die Welt, die Technologien und das Bewusstsein für den Umgang mit natürlichen Ressourcen enorm verändert. Zum einen steht die Reduzierung des Flächenverbrauchs, das sogenannte Flächensparen, auf den Agenden der Bundes- und Landespolitik. Zum anderen haben Maßnahmen zum Arten-, Klima-, Landschafts- und Naturschutz einen neuen Stellenwert erhalten.Ist die Bebauung des Butterberges auch ihrem geplanten Ausmaß aus Ihrer Sicht noch zeitgemäß und/oder für den konkreten Ansiedlungswunsch notwendig?
Gemessen an den übergeordneten hochrangigen Zielen der weitestgehenden Schonung natürlicher Ressourcen (man kann es auch Bewahrung der Schöpfung nennen) ist eigentlich jede Bebauung eine Bebauung zu viel – nicht nur auf dem Butterberg. Aber selbst in Sankt Augustin, wo die Erwartungen einmal ganz anders waren, wächst die Bevölkerung und wachsen gleichzeitig die Ansprüche der Menschen an Wohnraum-Größe und Wohnraum-Qualität; und es wachsen die Ansprüche unter anderem an den Technisierungsgrad, die von privater und gewerblicher Seite gestellt werden. Damit wachsen und diversifizieren sich auch die Ansprüche an Bildung und hochschul-basierter Berufsausbildung. Hier liegt die Schnittstelle zwischen der bestehenden Hochschule mit ihrem grundsätzlich anwendungsorientierten Ansatz und den vom DLR an die Stadt herangetragenen Ansiedlungswünschen und den an deren Fachlichkeit orientierten
Lage- und Flächenansprüchen. Wenn man die stadtplanerischen Absichten an den Vorstellungen der 80er und 90er Jahre misst, die den gesamten Bereich zwischen Arnold-Janssen-Straße / Siegstraße, südlichem Ortsrand Mendens und der Rathausallee als „Grüne Mitte“ der Stadt bewahren und von jeder Bebauung freihalten wollten und die sogar darin gipfelten, dass der Stadtrat die aus den Reihen des Rates vorgebrachte Idee, statt natürlicher Grüner Mitte eine Landesgartenschau in das Gebiet zu legen, muss man zu dem Schluss kommen, dass wir mit dem DLR-Projekt und der daran anknüpfenden weiteren Bebauung innerhalb des B-Planes 112 diese hochgesteckten Ziele weit verfehlen.
Aus heutiger Sicht muss das Ziel deutlich tiefer gehängt werden: Nachdem nämlich die ehemals gedachte Grüne Mitte durch die Wohnsiedlung Zentrum West und die (weiter wachsende) Hochschule schon deutlich dezimiert ist und der südliche Ortsrand Mendens weiter in diese Mitte hineinzuwachsen droht, müssen wir jetzt die Ziele neu justieren.
- Der Ansiedlungswunsch ist an dieser Stelle zu akzeptieren, um Sankt Augustin als Wissenschaftsstandort zu festigen.
- Der Flächenverbrauch und die Flächenversiegelung dafür ist in so engen Grenzen wie eben möglich zu halten.
- Kompensation für Flächenversiegelung ist durch Fassaden- und Dachbegrünung hoher Qualität zu leisten.
- Das Grüne C ist von Eingriffen / Einschränkungen unbedingt freizuhalten.
- Die Gebäude des DLR und DLR- bzw. Hochschul-affiner weiterer Gebäude sind so anzuordnen dass die die Frischluftzufuhr aus der vorherrschenden Windrichtung West ins Zentrum nicht blockieren und auch optisch keine erdrückende Wirkung entfalten.
- Bei den an die DLR-Institute „andockenden“ gewerblichen Ansiedlungen ist sicherzustellen, dass daraus Gewerbesteuer-Einnahmen für die Stadt generiert werden.
Frage 2)
In der Debatte um die Neuansiedlung fällt immer wieder die Aussage, Sankt Augustin benötige die Einnahmen aus dem Grunderwerb und der Gewerbesteuer. Mit dem Verkauf statt einer Verpachtung städtischer Grundstücke geht der Stadt ein Wert verloren.
Unsere Vorstellung ist, dass die Stadt ihre werthaltigen „assets“ – dazu gehört nicht nur Kläranlage und Kanalnetz [siehe Cross-Border-Leasing], sondern auch der Boden – nicht verkauft, sondern nur noch Erbpacht verträge abschließt. Leider wird Erbpacht von Seiten des DLR (wohl Auflage des Bundes) nicht akzeptiert. Bei nachfolgenden gewerblichen Ansiedlungsprojekten sollte auf Erbpacht bestanden werden.
Und Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen zahlen in der Regel keine Gewerbesteuern.
Siehe dazu die Ausführungen unter Ziffer 1)
Wie bringt die Entwicklung des Butterberg-Areals die Stadt finanziell weiter?
Der kommunale Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer (gem. Artikel 106, Abs. 5 GG) sollte durch die neu entstehenden Arbeitsplätze der Stadt auch einen finanziellen Zufluss bescheren.
Frage 3)
Seit Vorstellung der ersten Butterberg-Pläne im Frühjahr 2021 hat es viel Wirbel und zum Teil auch Aufregung um das Thema gegeben. Sind die Sorgen der Bevölkerung gerechtfertigt, es gehe zu viel Landschaft, Natur und vielleicht auch das Grüne C durch die Bebauung verloren?
Die Sorgen sind berechtigt und werden durch den Aufbruch! nicht nur sehr ernst genommen, sondern auch geteilt. Deshalb hat der Aufbruch! ja den (leider an der Mehrheit des Rates gescheiterten) Versuch unternommen, die Ressourcen schonendere Planungsvariante des Herrn Fey von Anbeginn in die Arbeiten des beauftragten Planungsbüros zur Erstellung eines ersten Bebauungsplan-Entwurfes einfließen zu lassen, und zwar als wesentliche Basis. Nachdem dieser Versuch auf der politischen Ebene gescheitert ist, sind jetzt die Bürgerinnen und Bürger gefordert, ihrer Sorge um das Grüne C und die Grüne Mitte der Stadt nachdrücklich Ausdruck zu verleihen, indem sie ihre gesetztlich normierten Beteiligungsmöglichkeiten im Bebauungsplanverfahren intensiv nutzen.