OVG kippt Bebauungsplan 112 „Auf dem Butterberg“

Der BUND und seine Mitstreiter suchen gemeinsam mit der Stadtverwaltung Sankt Augustin nach einer tragfähigen Lösung.

Münster / Sankt Augustin

Der Normkontrollantrag des BUND NRW zum Bebauungsplan 112 „Auf dem Butterberg“ war erfolgreich. Das Urteil des 10. Senats am Oberverwaltungsgericht in Münster erging in der Verhandlung am 10.09.2025. Der Bebauungsplan sei rechtswidrig und unwirksam. Aktuell liegt nun die ausführliche schriftliche Urteilsbegründung vor.

Das Gericht rügt insgesamt, dass der Rat der Stadt Sankt Augustin in seiner Beschlussfassung am 18.04.2024 zum Bebauungsplan etliche schwerwiegende Fehler bei der Würdigung des nicht der kommunalen Abwägung zugänglichen Artenschutzes begangen hat.

Bemängelt wird vom Gericht insbesondere:


a) die fehlende bzw. unzureichende Berücksichtigung von begründeten Hinweisen auf den tatsächlichen Artenbestand im Untersuchungsgebiet

b) die unzureichende Berücksichtigung der Land- und Fortpflanzungslebensräume der Amphibien im Plangebiet sowie

c) die ausgebliebene Anpassung der Planung an die neuen Umstände nach dem Bau weiterer Amphibiengewässer im Untersuchungsgebiet.

Zu den Artenschutzmängeln bei den betroffenen Vogelarten hat sich das Gericht nicht geäußert, weil es auf diese weitere strittige Frage für die Entscheidung, ob der Bebauungsplan unwirksam sei, nicht mehr ankam. Allerdings gibt das Protokoll der Verhandlung Hinweise darauf, dass für diese Artengruppe ebenfalls Verbesserungen im Artenschutzkonzept notwendig werden.

Der vom Gericht bemängelte Beschluss des Stadtrates vom 18.04.2024 war damals einstimmig von allen Fraktionen gefasst worden. Auch der Rhein-Sieg-Kreis und die Bezirksregierung Köln haben in ihrer Funktion als staatliche Naturschutzbehörde trotz mehrfacher Hinweise und Eingaben seitens des BUND und des Diplom Biologen Andreas Fey keine Schritte unternommen, die Planung frühzeitig rechtskonform auszurichten. Vielmehr wurde das Verwaltungshandeln der Stadt regelmäßig gerechtfertigt.
Dass erst der aufwendige Klageweg zu einem Rechtsvollzug führt und die staatlichen Naturschutzverwaltungen nicht selbst korrekt steuernd aktiv werden, ist außerordentlich unbefriedigend. Rechtsvollzug sicherzustellen, ist zunächst eine unmittelbare Pflicht und Handlungsgrundlage der Verwaltungen selbst. Die Klage durch einen Naturschutzverband stellt immer ein letztes Mittel dar, um wenigstens auf diesem Weg bestehende, massive Vollzugslücken zu schließen.
Mit Blick auf den einstimmig gefassten Ratsbeschluss ist ersichtlich, dass keine Fraktion im Rat für einen Rechtsvollzug aktiv eingetreten ist und offenbar alle Ratsmitglieder der Verwaltungsvorlage vertrauten, anstatt sich selbst wirklich fachkundig zu machen. Zugleich wird der Fachkunde des BUND, der seine Hinweise regelmäßig formuliert und nicht zum ersten Mal einen Rechtsstreit gewinnt, regelmäßig kein Glauben geschenkt und werden seine Eingaben mehr oder weniger offen als lästig und störend empfunden. Auch dieser Umstand hilft nicht, Planungen frühzeitig und sachgerecht so aufzustellen, dass die Naturschutzbelange hinreichend berücksichtigt werden. Dabei geht es nicht um naturschutzfachliche Wunschvorstellungen eines Verbandes, sondern stets allein um die Rechtsanwendung von in Parlamenten beschlossenen Schutznormen.

Anderes kann der BUND vor Gericht gar nicht einklagen.

Für das weitere Bebauungsplanverfahren erklären der BUND und seine Mitstreiter weiterhin Ihre Bereitschaft, gemeinsam mit der Stadtverwaltung Sankt Augustin im zukünftigen Austausch tragfähige Planlösungen für den Bebauungsplan 112, „Auf dem Butterberg“ aufzubauen. Im Kern sind insbesondere ausreichend bemessene artenschutzrechtliche Ausgleichsflächen zu erschließen und sicherzustellen.

Zwischenzeitlich hat bereits ein erstes Gespräch zwischen der Stadt Sankt Augustin und den Naturschützern stattgefunden. Weitere sollen folgen.

Update vom 02.04.2022

Kommt das ökologische Leuchtturmprojekt?

Sankt Augustin: Am 26.08.2021 diskutierte der Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung im nicht öffentlichen Teil seiner Sitzung die Auftragsvergabe für die Erstellung eines Artenschutzgutachtens im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 112 „Wissenschafts- und Gründerpark“. Die Auftragsvergabe zur Erstellung des Artenschutzgutachtens erfolgte an das Gutachterbüro, Gesellschaft für Umweltplanung und wissenschaftliche Beratung (GbR), Bahnhofstraße 31,53123 Bonn. Einer durch die Gesellschaft vorgenommene artenschutzrechtliche Vorprüfung (Artenschutzrechtliche Prüfung Stufe I) schließt sich nun mit Beginn des Jahres 2022 eine artenschutzrechtliche Prüfung der Stufe II an. Dies auf Empfehlung des beauftragten Gutachterbüros. Es handelt sich bei dieser Prüfungsstufe II um eine vertiefende Prüfung von Verbotstatbeständen d.h.:
Wird der Plan/das Vorhaben gegen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen (ggf. trotz Vermeidungs-/vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen/Risikomanagement)?

Auf Grund der durch unsere „Initiative für naturnahe und schonende Bebauung am Butterberg“ schon beschriebenen schützenswerten Arten im Untersuchungsgebiet, die unter anderem in die FFH Richtlinie (Anhang IV) fallen, als auch Vogelarten die unter der Vogelschutzrichtlinie (europäische Vogelarten) behandelt werdenwar die Durchführung der artenschutzrechtlichen Prüfung der Stufe II zu erwarten.

Weitere Informationen zu Artenschutzgutachten ASP erhalten Sie hier: https://artenschutz.naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/web/babel/media/2%20vortrag%20kiel_ablauf%20inhalte%20artenschutzpr%C3%BCfung.pdf

Die artenschutzrechtliche Prüfung der Stufe II umfasst nachfolgende Geländebereich: Wissenschafts- und Gründerpark (rot) -Artenerhebungsgebiet (gelb):

Update 4. Dezember 2021

Kommt das ökologische Leuchtturmprojekt ? 

Visualisierungen: So (schön) könnte es mal werden

Durch die Anordnung der Baukörper in der Variante 3 könnte der vorhandene Weg des Grünen C erhalten und zudem ein harmonischer Übergang von Landschaft, Landwirtschaft und Bauland geschaffen werden.
Wer vom Kreisverkehr am Freibad in den Butterberg einfährt, könnte bald trotz großer, notwendiger Baukörper ein einladendes Entreé vorfinden.
Vogelperspektive über dem Klosterareal mit Blick auf den Butterberg: In der Variante 3 würden die Gebäude so angeordnet, dass ein harmonischer Eindruck mit hohem Mehrwert für die Landschaft entsteht, ohne auf Gebäude und Flächen verzichten zu müssen.

Erklärungen zur Variante 3

Folgende textliche Erläuterungen wurden von Andreas Fey den Mitgliederinnen und Mitgliedern des Stadtrates, der Stadtverwaltung und dem Investor ergänzend zu den Plänen und Visualisierungen zur Verfügung gestellt:

„Erläuterung:

Die Bebauungs-Alternative 3 legt den Focus auf eine ansprechende, ästhetische und harmonisch sich
einfügende Bebauung unter nachhaltiger Berücksichtigung des Artenschutzes, sowie der Erhaltung
der jetzigen Sichtachse und Grenze des Grünen Cs. Die leichte Veränderung der Kubatur der
Baukörper und Baufelder im Norden gewährleistet dies und ermöglicht eventuell sogar einen
zusätzlichen Baukörper im Plangebiet.
Selbstverständlich ist eine Grundsatzentscheidung, wie z. Bsp. Tiefgarage oder Mobilitätsstation,
hiervon unberührt. Eine Standortoption für eine Mobilitätsstation ist Baukörper 9. Aufgrund des sich
anschließenden Höhenversatzes im Gelände und der dahinterliegenden hohen Baumreihe fügt sie
sich mit ihren 6-7 Parkebenen hier am besten ein. Der schattige Standort ist für Bürogebäude
ohnehin weniger geeignet, bietet aber die Chance die Parkebenen rundum großzügig naturnah zu
begrünen.
Das nördlich des Plangebietes angrenzende Areal, dessen südliche Grenze der aktuell vorhandene
Eingangsweg zum Grünes C ist, gehört zum Naturprojekt im Heidfeld. Dieses Vertragsnaturschutzareal
weißt viele geschützte Arten auf, davon gleich mehrere welche in der Roten Liste der
geschützten (streng geschützten) Arten aufgeführt sind. Nachfolgende sind unweit oder im
Plangebiet selbst anzutreffen und nutzen das Areal als Brut- Nahrungs-, Laich- und Durchzugsgebiet,
beziehungsweise als Sommer- oder Winterhabitat: Kiebitz, Feldlerche, Steinschmätzer, Waldohreule,
Rohrammer, Goldammer, Rebhuhn, Mönchs-, Gartengras- und Dorngrasmücke, Zauneidechse sowie
Kreuz- und Wechselkröte. Eine einfühlsame Übergangszone, die die Brutvorkommen der Kiebitze,
eventuell auch der Steinschmätzer nicht beeinträchtig und die Population der streng geschützten
Kröten nachhaltig stützt, ist unabdingbar und spiegelt sich in der aktuellen Alternativplanung 3 mit
einem großzügig angelegten Trockenbiotop wieder. Die Sichtachse Richtung FH und die aktuelle
Wegeführung des Grünen Cs bleiben dabei erhalten.
Inmitten des Plangebietes wird die hohe Anzahl von Kleinstwasserflächen durch einen großen See
ersetzt. Die Kleinstgewässer bergen, gepaart mit alleeartigen Baumreihen, die Gefahr eines enormen
Pflegaufwands, um die Neuanlage ansehnlich zur erhalten. Den See umgibt ein breiter Schilfgürtel
abseits der laubabwerfenden Bäume, der mit seiner Wasserfläche ein hohes
Artenansiedlungspotential besitzt. Viele Tierarten werden sich im Wasser und rund um das Gewässer
ansiedeln, dass den Besucher des Gründerparks Naturnähe erleben lässt. Für eine eventuell mögliche
Wiederansiedlung des früher in den Sieg-Auen heimischen und vom Aussterben bedrohten
Laubfroschs, käme diesem Biotop als drittes Feuchtbiotop in der Grünen Mitte dann eine besondere
Bedeutung bei. Der geplante Rad- und Fußweg bleibt erhalten und würde durch eine Brücke ergänzt.
Aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten, Grundfläche und Gebäudehöhe der Versuchshalle
wird ihrer Lage in südöstliche Richtung (Alternative 1) der Vorzug gegeben. Der Baukörper wird sich
in einem ansteigenden Gelände landschaftlich besser einfügen. Das DLR favorisiert in seiner im
Januar vorgestellten Präsentation diesen Standort, „wenn in der Gesamtplanung Versuchshalle,
Büro- und ein weiteres optionales Gebäude in Reichweite zueinander liegen“. Die Planung
unterstützt ausdrücklich den Wunsch des DLR. Beide Gebäude können später sogar, wie in der
Planung angedeutet, z. Bsp. durch eine Glasbrücke modern miteinander verbunden werden.
Ein zusätzlicher Baukörper mit einer etwas niedrigeren Bauhöhe im Eingangsbereich des Grünen Cs,
trägt zu einem allmählichen Übergang von Natur zur Bebauung bei.“

Naturschutz am Butterberg und in der Grünen Mitte

Der Butterberg ist Teil der sogenannten „Grünen Mitte“: Der große Freiraum zwischen Mülldorf, Menden und dem Stadtzentrum ist historisch eine überwiegend landwirtschaftlich genutzte Fläche.
In den vergangenen Jahren ist das Bewusstsein geschärft worden, dass innerhalb der großen, zusammenhängenden landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen auch Schutzräume für den Artenschutz in Flora und Fauna verbleiben müssen.

Neben Flächen, die dem Naturschutz oder Landschaftsschutz dauerhaft verpflichtet wurden, gibt es den sogenannten Vertragsnaturschutz. Grundeigentümer und Pächter erhalten Fördermittel, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen und einen Teil ihrer Flächen zeitweise für Belange des Naturschutzes zur Verfügung stellen. Häufig geschieht dies in Form von Blühstreifen oder Brachflächen. Hier gibt es weitere Informationen gezielt für die Landwirtschaft.